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Sonntag, 31. Januar 2021
Montag 18. November 2013

„Auf den Alltagsradverkehr konzentrieren“ - Interview mit LR Hiesl

Rubrik: Aktuelles
Von: Gerhard Prieler

LR Franz Hiesl

Herr Hiesl, sie waren heuer auf Exkursion in Gent; was war bzgl. Radverkehr für Sie besonders eindrucksvoll?

Hiesl: In Gent – einer Stadt in der Größe von Linz - werden 22 % aller Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt, vier mal so viele wie in Linz. Am Beginn war das in Gent ähnlich. Die Stadt hat sich zum Ziel gesetzt, den Rad-Anteil stark zu erhöhen durch konkrete Maßnahmen: die Öffnung aller Einbahnen für Radfahrer, das Errichten von Tiefgaragen für tausende Räder an Knotenpunkten (die größte hat 10.000 Abstellplätze), durch permanente Bewusstseinsbildung und durch ein sehr gut funktionierendes und unkompliziertes Leihradsystem.

Sie haben öfters betont, dass die touristischen Radwege in OÖ weitgehend ausgebaut sind und OÖ als Radland Nr. 1 tituliert und festgestellt, dass der Alltagsverkehr noch Aufholbedarf hat. Was ist zu tun, damit OÖ auch hier Nr. 1 wird?

Hiesl: Wir haben ein tolles Angebot von über 2000 km attraktive touristische Radrouten, vielfach entlang von Flüssen und Seen, abseits vom Verkehr. Wir haben uns mit dem neuen Gesamtverkehrsplan für den Zentralraum von Linz vorgenommen, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren und alle Formen der sanften Mobilität zu erhöhen. Wir brauchen neue und sichere Radwege, z. B. von Wilhering nach Linz; wir brauchen mehr Abstellplätze und wir müssen mehr Bewusstsein für’s Radfahren schaffen, z. B. durch Wettbewerbe zwischen den Verkehrsmitteln. Das Rad ist auf kurzen Strecken unschlagbar. Und wenn man weiß, dass die Hälfte aller Wege unter 5 km sind, ist hier eine große Chance für das Radfahren. Aber es braucht Bedingungen, dass man sicher unterwegs ist und der Komfort auch nicht zu kurz kommt. Das Auto ist punkto Komfort ein giftiger Mitbewerber, es ist aber auch ein teurer Mitbewerber, wenn man z. B. für jede Stunde in Linz 2 Euro zahlen muss. Radfahren muss ein sportliches Image haben in dem Sinn: das sind die Gescheiteren, die legen eine Strecke zurück und machen auch noch Bewegung.

Das E-Bike ist übrigens eine optimale Ergänzung; in Österreich gibt es bereits über 100.000 E-Bikes.

Gent investiert jedes Jahr 1,5 Mio Euro für den Radverkehr, allein für den Großraum Linz wären das mindestens 2 Mio jährlich. Hiesl: Für den Ausbau der Nibelungenbrücke, die Brückenköpfe sowie der Radweg von Wilhering nach Linz rechnen wir mit Kosten von 6 bis 10 Mio Euro.

Hiesl: In OÖ wurden bisher vom Land jährlich rund 10 Mio Euro ausgegeben. (Von der Stadt Linz zwischen 300.00 und 500.000,- Ergänzung der Redaktion) Nachdem der touristische Radwegebau dem Ende zugeht, können wir uns verstärkt auf den Alltagsradverkehr konzentrieren.

Was hat dazu geführt, die lange Blockade bzgl. Ausbau der Nibelungenbrücke zu lösen?

Hiesl: Es gibt Menschen, mit denen kann man leichter etwas vereinbaren und solche, da bauen sich Hindernisse auf. Das hat eine gewisse Blockade gebracht.

Wann werden Radfahrer über eine breitere Nibelungenbrücke und einen eigenen Radweg von Wilhering nach Linz fahren können?

Hiesl: Bis 2015 sollen die Planungen abgeschlossen sein. Die sind sehr komplex, v. a. an der Donau, wo es Auskragungen braucht. Vielleicht ist ein Baubeginn Anfang 2016 möglich. Die Planung wird von Beamten des Landes und der Stadt Linz parallel für die Brücke und den Radweg Wilhering - Linz durchgeführt. Die Kostenaufteilung wird 60 % Land 40 % Gemeinden betragen.

Wird die Bewusstseinskampagne „Sei net fad, nimm’s Rad“ 2014 weitergeführt?

Hiesl: Das ist noch offen. Die Rückmeldungen waren jedenfalls recht positiv.

Der Radverkehrsanteil in OÖ beträgt derzeit 7 %. Welches Ziel hat das Land?

Hiesl: Im Gesamtverkehrsplan für den Großraum Linz ist vorgesehen, den Anteil des Autoverkehrs von 68 % auf 60 % zurückführen und ÖV + Radfahren + Fußgängerverkehr von 36 % auf 40 % zu steigern. D. h. wir gehen davon aus, dass eine Verringerung von 60 Mio Einzelfahrten möglich ist.



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