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Sonntag, 31. Januar 2021
Freitag 10. Mai 2013

Wieviel Rad verträgt Wels?

Rubrik: Aktuelles, Wels
Von: Helga Wieser (Welser Radler)

So lautete das Thema des Vortrags von Prof. Dr. Michael Meschik, Fachmann für nichtmotorisierten Verkehr und Nachhaltigkeit im Verkehrswesen an der Boku Wien, zu dem die Welser Radler vor kurzem einluden. Anschließend stellten sich Politiker aller im Gemeinderat vertretenen Fraktionen einer Podiumsdiskussion.

Prof. Meschik startete gleich zu Beginn mit einer enttäuschenden Zahl: Lt. OÖ Verkehrserhebung ist der Radverkehrsanteil in Wels von 12,9 % im Jahr 1991 auf 10,6 % im Jahr 2001 gesunken. Der motorisierte Individualverkehr ist in gleichen Zeitraum um 8, 5 % auf 57,6 % gestiegen. Damit befindet sich Wels in Gesellschaft mit Städten wie Hamburg, Nürnberg und Köln – weit entfernt von Kopenhagen mit 35 % und Münster mit 38 % Radverkehr. Man wird sehen, was die neue Erhebung 2012 ergibt. Die Zahlen werden im Sommer vorliegen.

Österreich gibt im Jahr 1.200,- € pro Person für den PKW-Verkehr aus (2008); europaweit gibt nur Luxemburg (1.800,-) mehr Geld für den Autoverkehr aus. Das durchschnittliche Fahrrad-Budget von Linz beträgt 4,31 € pro Einwohner (d. s. 6 % des Gesamtbudgets), von Salzburg 4,41 € (19 %) und von Wels ca. 2,22 €. Stadtrat Kroiss entgegnet, dass für das heurige Jahr ein Betrag von 4,20 € budgetiert ist. In Dänemark liegt der Landesschnitt bei 37,- € pro Kopf !

In Wels wird von der Kaufmannschaft immer wieder auf die Notwendigkeit hingewiesen, dass Kunden bis zum Geschäft fahren und in der Innenstadt ausreichend Parkplätze vorhanden sein müssen. Auch dazu liefert Prof. Meschik Interessantes: FußgängerInnen und RadfahrerInnen geben pro Einkauf im Durchschnitt ca. 19,50 € aus, PKW-FahrerInnen ca. 30,00 €. Aber: FußgängerInnen kommt 2 x die Woche, RadfahrerInnen 1,3 mal und AutofahrerInnen nur 0,7 mal die Woche. Das ergibt eine Wochenausgabe von 40,0 € für FußgängerInnen und nur 27,10 € für AutofahrerInnen.

Studien zum Thema Sicherheit belegen eindeutig, je mehr RadfahrerInnen unterwegs sind, desto stärker sinkt die relative Unfallgefährdung. Das generelle Tempo im Straßenverkehr verringert sich und AutofahrerInnen nehmen Radfahrerinnen bewusst und auf gleicher Augenhöhe wahr. Leider werden oftmals durch Planungsfehler Konfliktsituationen erzeugt (zu schmale Gehsteig-Radwege, abgerückte Radwege im Kreuzungsbereich), die dazu beitragen, dass viele VerkehrsteilnehmerInnen glauben, Rad fahren ist viel zu gefährlich.

Prof. Meschik plädiert an die Welser Politiker das Auto in der Stadt als Gast zu betrachten. Städte sind nicht für Autos gemacht. Das Verkehrsangebot beeinflusst zudem die Wahl des Verkehrsmittels. Rad fahren muss als normale Mobilitätsform betrachtet werden. Anreize zum Umsteigen auf das Fahrrad können z. B. durch plakative Radzählstellen, Rad fahrende Vorbilder („Politiker auf’s Rad“) und Straßenfesten rund um’s Rad geboten werden.

Nach dem Vortrag lud Moderator Claus Buttinger (OÖN) die Herren GR Reindl-Schweighofer (SP), Verkehrsstadtrat Kroiss (FP), Vbgm. Lehner (VP) und GR Teubl ein sich den Fragen, Wünschen und Anregungen des Publikums zu stellen.

Es wurde intensiv und emotional diskutiert, Schuld, Versäumnisse und Zuständigkeiten hin und her geschoben und Wünsche und Forderungen platziert. Das Publikum zeigte Versäumnisse auf, beklagte den seit Jahren herrschenden Stillstand und bauliche Rückschritte unter dem Vorwand Erhöhung der Sicherheit. Und doch zeigte sich auch ein kleiner Hoffnungsschimmer – dem Anschein nach nehmen sich jetzt alle Fraktionen des Themas Förderung des Radverkehrs an. Der Verkehrsstadtrat verweist auf die in Kürze startende externe Fahrrad-Beratung durch das Land OÖ, GR Reindl-Schweighofer erinnert, dass seine Partei bereits im Herbst einen Initiativantrag zur Förderung des Fahrradverkehrs eingebracht hat, Vbgm. Lehner weist darauf hin, dass viele „Radfahr-Baustellen“ unerledigt sind und GR Teubl betont, dass seine Partei für eine Erhöhung der Ausgaben für den Radverkehr plädiert.

Nach zwei Stunden ist klar, dass viele Ideen vorhanden sind. Um eine Steigerung des Radverkehranteils zu erreichen müssen alle am gemeinsamen Strang ziehen. Wichtig ist dabei auch in die Bewusstseinsbildung zu investieren.



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